Ausschnitt der Bauten von 1879 des Feuerwerker Areals. Rechts erkennt man das Labiwäldli. Die Bauten wurden in den fast 130
Jahren natürlich mehrfach umgebaut und den jeweiligen Verhältnissen angepasst. Die anfängliche Bauweise (grosses Vordach mit Holzstützen) wurde aber beibehalten. Heute sind alle Häuser des
ehemaligen Feuerwerkers abgerissen respektive rückgebaut. Foto von Kurt Müller Oberhofen, zur Verfügung gestellt.
Explosion des Pulvermagazins NR.1 am 26. Mai 1922 auf der Allmend im Lerchenfeld
Zwei Knaben die in der Abfallgrube auf der Allmend spielten, wurden durch die gewaltige Druckwelle getötet. Die Wucht der Explosion schleuderte die
Blitzableiterstange bis an die Bahnlinie im unteren Lerchenfeld. 40 Häuser wurden erheblich beschädigt. Dieses Ereignis bedeutete für den Leist eine grosse Herausforderung, hatte man es doch mit
dem mächtigen Militärdepartement zu tun. Es ergaben sich Forderungen im Wert von Fr. 131 720.50 die jedoch vom EMD teilweise angezweifelt wurden. Der
Leist liess sich rechtlich durch Herrn Ed. Lüthi, Fürsprecher in Thun vertreten – mit mässigem Erfolg! Aus einem Brief des EMD an Herrn D. Messerli,
Präsident des Zollhaus-Lerchenfeld-Leistes, Thun; vom 25. November 1922 „… Wie Ihnen derselbe (Oberfeldkommissär) wiederholt mitgeteilt hat und auch von uns jeweilen betont worden ist, erfolgt
diese Vergütung von Schaden durch unsere Verwaltung unter ausdrücklicher Ablehnung jeglicher Entschädigungsplicht des Bundes lediglich auf dem Wege
des freiwilligen Entgegenkommens. Von weitergehenden Leistungen kann demnach nicht die Rede sein, nachdem die Eidgenossenschaft bereits alle
Billigkeitsrücksichten in weitem Masse hat walten lassen.“ Sig. Scheurer
Wie wenig schlussendlich die Geschädigten erhielten, geht aus den noch vorhandenen Schriftstücken nicht hervor. Item! Böse Mäuler behaupteten,
wenigstens Ed. Lüthi habe etwas verdient.
Das Problem „Schulhaus“ beschäftigte den Leist ebenfalls 1922
Bis dahin stiess der Wunsch nach einem Schulhaus im Lerchenfeld bei den Behörden in der Stadt auf taube Ohren. Darum zogen 1922 Männer aus dem Vorstand des Leists
von Haus zu Haus und zählten die Kinder. Das Ergebnis dieser Volkszählung überzeugte und der Bau eines Quartierschulhauses wurde geplant. Am Sonntag, 25. April 1926 um 14.00 Uhr begann die
Einweihung des Lerchenfeldschulhauses mit einem Lied des Männerchors Lerchenfeld.
Die Erst- bis 4-Klässler mussten nun den weiten Weg ins Aarefeld- oder Pestalozzischulhaus nicht mehr buchstäblich unter die Füsse nehmen. In einem Zimmer im
Untergeschoss fand der Kindergarten Platz; das zweite Zimmer wurde bei schlechtem Wetter als Turnhalle eingesetzt. Das Handarbeitszimmer unter dem Dach diente dem Quartier bis zum Bau der Kirche
als Bredigtlokal. 1927 erhielt Kunstmaler Werner Engel (1880 – 1941) den Auftrag, Gänge und Treppenhaus mit Wandbildern zu verschönern. 1962 wurden diese von Etienne Claré restauriert, sie sind
heute noch im alten Teil des Schulhauses zu bewundern.
Erste und zweite Erweiterung
1953 konnten der einstöckige Zwischentrakt, die Turnhalle und die viel zu kleine Pausenhalle eingeweiht werden. Nun wurden in acht Klassen Schüler bis ins 6.
Schuljahr unterrichtet. 1984 begann die zweite Erweiterung mit dem Ausbau der Luftschutzkeller in helle Mehrzweckräume und die Sanierung der Abwartswohnung.
Wo ist der Dörfligeist geblieben??
Ende der fünfziger Jahre wurden die ersten Wohnblöcke gebaut. Die Zuzügler fühlten sich nicht mehr als Lerchenfelder. „Man“ kannte sich nicht mehr besonders gut.
„Mann“ hatte nicht mehr die gleichen Interessen und auch nicht mehr die gleichen Sorgen. Auto- und Motorradbesitzer nahmen zu – „Man“ wurde mobil und orientierte sich nach der Stadt und nach
riesigen Einkaufszentren. Seit 1955 verschwanden im Lerchenfeld 17! Grössere und kleinere Einkaufsmöglichkeiten (Lädeli).
Der Waldecksaal ist verschwunden, kann der Quartiertreff ihn ersetzen? Die Vereine leiden unter Mitgliederschwund. Auch bei uns prallen verschiedenartige
Lebensstiele und Religionen aufeinander und darum wird es auch der Kirche kaum gelingen, aus dem Vorort von Thun ein Quartier mit Dörfligeist zu formen – trotz ihrem Fünfzigjährigen
Bestehen.
TOLERANZ ist gefragt! Eine tolerante Haltung aller gegenüber allen könnte vielleicht den abhandenen Dörfligeist in gutem Sinne wieder aufleben lassen!
Soweit der Bericht von Lehrer Grundbacher aus dem Jahre 2001
Natürlich gibt es noch weitere markante Ereignisse, welche die Entwicklung des Quartiers stark beeinflusste. Das Entstehen der Eidgenössischen Betriebe und des
Waffenplatz mit seinen Zulieferbetrieben. Nur so viel Stichwortartig:
* 1848
entschied die Eidgenössische Tagsatzung die Thuner Allmend zu kaufen.
* 1861
entschied die Bundesversammlung zwei bundeseigene Werkstätten zu errichten (Waffenwerkstatt und Munitionslabor).
* 1879
wurden die Bauten in den nachmaligen Feuerwerker verlegt. Der Name „Labi“ wie die Munitionsfabrik (heute Ruag Ammotec)
Volksmund hiess ist bis zum heutigen Tag geblieben.
* 1890
gründete Ed. Joh. Hoffmann die Firma für Karton und Blechverpackungen (Patronenlader).
* 1895 wurde die SELVE gegründet, die mit dem Bedarf der
Munitionsfabrik eng verbunden war (Patronenhülsen)